Rede von Norbert Marten in Plauen,
anlässlich der König-Albert-Brunnenübergabe auf dem
Altmarkt,
13. 11. 2007, 16.00 Uhr
Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister Oberdorfer,
sehr
geehrter Herr Schmidt von der Hans-Löwel-Stiftung,
sehr
verehrte Damen und Herren,
liebe
Freunde und
liebe
Mitwirkende an diesem „König-Albert-Brunnen!
Ich freue
mich sehr, Sie alle hier zu begrüßen. Schön, dass sie da sind, um an diesem
besonderen Ereignis dabei zu sein und uns, die wir an diesem Brunnen tätig
waren, damit eine besondere Ehre erweisen.
Mit dem
Wettbewerb und der Beauftragung zum Brunnenbau hatten wir, die Macher, eine
historisch, sozial, städtebaulich und finanziell sensible Aufgabe zu lösen. Das
konnten wir nur im Team bewerkstelligen.
Mein Dank richtet sich an alle, die mitgewirkt
haben. Ich möchte dies jedoch am Ende meiner Rede ein wenig ausführlicher
gestalten, daher bitte ich um Geduld.
Was bewegt einen Bildhauer dazu,
einen König-Albert Brunnen heute in Angriff zu nehmen? - In dieser Zeit
wirtschaftlicher, politischer und sozialer Ereignisse gibt es scheinbar
aktuellere Themen. Oder ist der Altmarkt gar die Stelle an der das historische
deutsche Thema so aktuell ist, wie es nur sein kann?
Als wir in
der letzten Woche die Bronzen auf den Brunnen setzen, schauten viele Plauener
zu und äußerten eben genannte Fragestellung in den unterschiedlichsten
emotionalen Auslegungen – von erfreut, berührt, neugierig, kritisch bis hin zu
besorgt um den Erhalt.
Dahinter
stand jedoch immer die Frage: Wozu ist der Brunnen gut? Eben die Frage
nach dem Sinn.
Die Antwort
darauf kann sehr unterschiedlich sein und dies soll sie auch. Jede Antwort hat
ihre Berechtigung und zeigt die Vielfältigkeit der Meinungen in einer
Demokratie auf.
Dennoch
müssen die „Macher“ Entscheidungen treffen.
Wir – das
heißt meine Frau und ich – haben bei der Konzeptionierung
dieses Brunnens von Anfang an die Chance zu
einem Brückenschlag über die Zeit in der Historie der Stadt Plauen gesehen,
der für die Zukunft auch vielfältige Möglichkeiten der Interpretation zulässt.
Genauer:
Ein
Brückenschlag von der Einweihung des König-Albert-Standbildes vor 100 Jahren
über die
Ereignisse der Geschichte und den Erlebnissen von Hans Löwel und seiner Frau
Edith bis hin zur Gegenwart des Altmarktes und weiter zu den Werten und
Diskussionen in der Zukunft.
Brücken
baut man ja, um Höhen und Tiefen
auszugleichen.
Auch Plauen
erlebte Höhen und Tiefen und wird sie auch in Zukunft erleben.
Wichtiger
als die Fakten der Geschichte war für uns die Frage:
Wie wollen
die Plauener mit der Tatsache umgehen, dass sich Höhen und Tiefen immer wieder ereignen?
Wie wollen
wir alle generell mit Geschichte
umgehen?
Die Hans-Löwel-Stiftung und die Stadt Plauen haben mit
Ihrer Ausrichtung des Wettbewerbs einen anderen Weg beschritten. Es wurden die
geschichtlichen Fakten, die möglicherweise wichtig sein könnten,
zusammengetragen und den Künstlern als Grundlage ohne Wertung übergeben.
Und damit
wurden die Antworten der eben genannten Fragen auf breite Künstlerfüße
gestellt. Die kompetente Jury konnte dann entscheiden, welche Lösung ihren
Vorstellungen und den Anforderungen am nächsten kam.
Die Anforderungen
an das Kunstwerk waren sehr breit gefächert
Also, eine
widersprüchliche und komplexe historische Erinnerung ohne Glorifizierung, da
die
Demontage
ebenfalls zum historischen Erinnern gehört.
Jetzt und zukünftig.
Außerdem galt
es auch noch die emotionalen, psychologischen Faktoren zu berücksichtigen, die
solch eine Aufgabe nicht vereinfachten.
Die
Plauener sind, wenn es um ihre Stadt geht, so sensibel, wie Ihre Spitze. Diese
Sensibilität zu erspüren, zu erahnen, was wichtig sein könnte, war eine
Herausforderung.
Wie Sie
unschwer erkennen, eine hochkomplexe Aufgabenstellung bei diesen historischen,
psychologischen und städtebaulichen Faktoren.
Wie schon
Karl Valentin bemerkte: „Kunst ist nicht
nur schön, sondern macht auch viel Arbeit“
Nun, die
„Kunst - Macher“ - verzeihen sie mir diesen Begriff, aber der erscheint mir
manchmal präziser als der Begriff „Künstler“ - sind stets in ihrer
Kreativität bei der Arbeit gefordert. Die Fakten zu differenzieren, zu
verfremden, in ein Gefüge zu setzen, die Grundlagen der Komposition
einzuhalten, erkennbare Darstellungen zu finden, inhaltliche Aussagen mit
Wasser zu erzeugen, führten zu diesem Gesamtbild:
Einiges ist
darin explizit hervorgehoben,
Besonderes ist
auf keinen Fall weggefallen,
aber
anderes musste einfach ausgespart werden,
aber nie
durfte und darf der Faden der Freude verloren gehen.
Freude, der
schwierigste Punkt übrigens, obwohl Freude so einfach erscheint.
Freude
setzt die Bereitschaft zum Positiven beim Betrachter voraus.
Vielleicht
auch Offenheit.
Neues gilt
es erst einmal kennen zu lernen. Es verändert
alte Gewohnheiten. Jeder einzelne muss dabei lernen, dass Neue zu
integrieren.
Und….
In Plauen verändert sich viel. Das muss man erst einmal aushalten.
Als
Außenstehende freuen wir uns natürlich neugierig und ganz offen. Was hier alles
restauriert oder modifiziert wurde und neu entstand, ist umwerfend. Ich
beglückwünsche die Plauener zu Ihrer Stadt und ich bin gespannt auf die weitere
Entwicklung.
Den Brunnen
durften wir dazu beitragen, vielen Dank für Ihr Vertrauen.
Jedoch auch
so ein Brunnen ist ein neues Element. Nicht ganz ohne Widersprüche wird er in
der Bevölkerung wahrgenommen:
„Er
schränkt die Marktveranstalter im Raum ein“,
„Er nimmt
Parkplätze weg“,
„Er muss
gewartet werden“, „Es könnte Bronze geklaut werden“,
„Es könnte
das Wasser einfrieren“ etc., aber …..
…der
Brunnen ist eine Metapher der Altmarktgeschichte ohne Worte..... und …
…der
Altmarkt in Plauen ist eine Metapher deutscher Geschichte.
Er ist der
Plauener Brückenschlag über 100 Jahre deutscher Geschichte, ein Ausgleich von
Höhen, Tiefen und Schrägen.
Die politischen
Schachzüge haben einst König Albert und
sein Reiterstandbild schachmatt gelegt.
Die
Demokratie und die Plauener bilden die jetzige Plattform, die historische
Erinnerung zu wahren und neue Geschichte zu leben.
Ein neues „königliches
Spiel“ beginnt.
Die Könige sitzen
erhaben außerhalb des Spielfeldes, erinnern oder beobachten.
Vielleicht
sind sie auch die Wächter der kulturellen Werte?
König
Albert und Hans Löwel war diese Liebe zu Kunst und Kultur gemein. Beide waren
große Förderer in diesen Bereichen.
Die Hans-Löwel-Stiftung ermöglichte auch diesen Brunnen. Auch
mein Dank als künstlerischer Nutznießer an dieser Stelle.
Die Akteure
des neuen „königlichen Spiels“ bestimmen heute die Geschichte von morgen.
Sie setzen
Werte, bewahren Sie und geben sie nachfolgenden Generationen weiter.
Menschliche
Figuren kommunizieren auf der Plattform des Brunnens, in der guten Stube von
Plauen und .... man sollte auch globaler denken.
Genau aus
den genannten Gründen war es so spannend für mich als Bildhauer, das Thema König-Albert-Brunnen
in Plauen, einer großartigen und geschichtsträchtigen Stadt, zu gestalten.
Als
Brückenschlag über die Zeiten möge der König-Albert-Brunnen viel Freude
bereiten. Uns Ausführenden hat er jetzt schon
eine gute Portion persönliches Wachstum geschenkt, und ich bin über den Verlauf
sehr froh und dankbar.
Tolle Teams
mit kreativen Impulsen, Tatkraft und Kooperationen - und ganz wichtig –einer
Menge Engagement bei der Arbeit.
Für diese
Arbeit und Zusammenarbeit bedanke ich mich ganz besonders bei dem Team der
Brunnenmeisterei Schreier in Weimar,
der
Gießerei Harms in Oldenburg,
dem
Tiefbauunternehmen, VSTR Rodewisch,
dem
Steinmetz Schmidt und nicht zuletzt der
Stadt Plauen vertreten durch
Herrn Bürgermeister Eberwein, Frau Riedel, Herrn Baumgärtel,
Herrn Enders und dem Marktleiter für
ihre großartige Unterstützung.
Abschließend
komme ich noch einmal auf das Zitat von Karl Valentin zurück:
Kunst ist
nicht nur schön, sondern macht auch viel Arbeit“
Ich
meine damit nicht nur die Arbeit der
Kunst- Macher, sondern auch die Arbeit des Betrachters, das Kunstwerk für sich
selbst zu erschließen.
Ich danke
für Ihre Aufmerksamkeit.